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7. Mai 2025

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Wenn Vertrieb sich neu erfindet – und Marketing endlich mitredet 

Vom Besuchszähler zum Datenstrategen – warum der Head of Sales neu denken muss

Die goldenen Zeiten des Außendiensts sind vorbei – und das ist gut so 

Der Außendienst war lange Zeit die Speerspitze des B2B-Vertriebs. Ein Besuch beim Kunden galt als wertvoller als jede digitale Kampagne, der persönliche Kontakt war das Maß aller Dinge. Doch diese Zeit ist vorbei – nicht durch einen radikalen Bruch, sondern durch schleichenden Wandel. 

Heute sind Reisekosten gesunken, persönliche Treffen zur Ausnahme geworden – und das nicht erst seit der Pandemie. Gleichzeitig steigen Erwartungshaltung und Informationsstand der Kunden. Wer kauft, ist vorbereitet, informiert, hat oft schon 70% der Customer Journey hinter sich, bevor ein Vertriebskontakt überhaupt zustande kommt. 

Doch viele Unternehmen verharren im alten Denken: Außendienstbesuche werden gezählt, Leads werden nach Bauchgefühl bewertet, Marketing und Vertrieb agieren in getrennten Silos. Dabei verlangt der Markt längst ein anderes Zusammenspiel – agiler, datenbasierter, kundenzentrierter. 

Die zentrale Herausforderung: Veränderte Kundenreise, veraltete Vertriebsmodelle 

Die Customer Journey im B2B ist komplexer geworden – und gleichzeitig schneller. Kunden recherchieren selbstständig, informieren sich in digitalen Kanälen und erwarten über alle Touchpoints hinweg Kohärenz, Qualität und Relevanz. 

Laut Studien von McKinsey, Gartner und BCG nutzen B2B-Käufer heute durchschnittlich 10 Touchpoints in einer Kaufentscheidung – doppelt so viele wie noch vor wenigen Jahren. Dabei verteilen sich die Präferenzen auf: 

  • Ein Drittel persönliche Meetings 
  • Ein Drittel Remote-Interaktionen (Video, Telefon) 
  • Ein Drittel digitale Self-Service-Erfahrungen 

Diese sogenannte „Rule of Thirds“ zeigt: Kein Kanal dominiert mehr – jeder ist entscheidend. Doch viele Vertriebsorganisationen sind noch immer auf den Außendienst fokussiert – oder setzen auf ungekoordinierte Einzelmaßnahmen im Digitalmarketing. 

Gleichzeitig verändert KI die Spielregeln: Vertriebsprozesse lassen sich heute analysieren, beschleunigen und skalieren. Lead Scoring, Angebotserstellung, Kundenkommunikation – all das lässt sich automatisieren, wenn die Systeme richtig aufgesetzt sind. 

Das Problem: In vielen Unternehmen fehlen strukturierte Rollen, klare Workflows und eine echte Verzahnung von Marketing und Vertrieb. 

Neue Währungen, neue Skills – was Vertriebsführungskräfte jetzt lernen müssen 

Die Transformation betrifft nicht nur Prozesse und Strukturen – sie fordert auch ein neues Kompetenzprofil für Vertriebsverantwortliche. Besonders für Heads of Sales, Vertriebsleiter:innen und Führungskräfte im Go-to-Market-Umfeld bedeutet das: alte Erfolgsformeln greifen nicht mehr. 

Wer heute Vertrieb führt, braucht ein neues Verständnis für digitale Währungen – und neue Werkzeuge, um Wirkung zu messen. 

Neue Währungen im Vertrieb: 

  • Impressions statt Besuche: Sichtbarkeit in digitalen Kanälen ersetzt Kontaktfrequenz im Außendienst. 
  • Engagement statt Rückrufbitten: Wer reagiert, klickt, kommentiert, teilt – wird zur neuen Zielgröße. 
  • Relevanz statt Reichweite: Nur wer zur richtigen Zeit mit dem richtigen Inhalt auftaucht, wird erinnert – und später eingeladen. 
  • Prognosen statt Bauchgefühl: Datenbasierte Systeme geben Hinweise auf Kaufbereitschaft, nicht mehr nur das Bauchgefühl des Vertriebsteams. 

Neue Skills, die Head of Sales jetzt entwickeln müssen: 

  1. CRM & Funnel-Exzellenz 
    Der Vertriebsfunnel beginnt heute nicht bei der Anfrage, sondern bei der Sichtbarkeit. Vertriebsführung muss verstehen, wie CRM-Systeme mit Content, Marketingdaten und Kaufintentionen arbeiten, um Frühindikatoren zu erkennen. 
  2. Digitale Kommunikation beherrschen 
    Vertriebsbotschaften müssen schnell, relevant und auf den Punkt kommen – im Mix aus emotionaler Differenzierung und rationaler Nutzenargumentation. Dazu gehört auch: die Fähigkeit, Tonalitäten zu variieren, je nach Kanal, Zielgruppe und Phase der Journey. 
  3. Neue Kennzahlen einführen und verstehen 
    Conversion Rates, Engagement Scores, Intent Signals, Pipeline Velocity – Kennzahlen ersetzen Termine und Besuchsberichte. Vertriebsleiter müssen lernen, ihre Strategie an datenbasierten Frühindikatoren auszurichten – nicht nur an „Deals won“. 
  4. KI verstehen – und strategisch einsetzen 
    Wer als Head of Sales KI nicht selbst testet, bleibt abhängig von Bauchgefühl. Moderne Tools liefern heute Verhaltensprognosen für Käuferschichten, analysieren Kaufpfade und schlagen automatisiert nächste Schritte vor. Es braucht ein Grundverständnis für Business Intelligence, Promptsteuerung, Automatisierung und ihre Grenzen. 

Führung im Vertrieb bedeutet heute nicht nur, Menschen zu leiten – sondern Daten, Prozesse und Systeme intelligent zu orchestrieren. 

Belegbare Realität: Vertrieb wird hybrid – mit massiven Effekten auf Kosten und Wirkung 

Die Studienlage ist eindeutig: 

  • In digital aufgestellten Unternehmen wird der E-Commerce-Kanal zum größten Umsatzträger, in manchen Fällen mit über 30% Umsatzanteil – vor dem Außendienst. 
  • Inside Sales wird ausgebaut: Remote-Vertrieb über Video, Telefon oder Chat ist 50% günstiger pro Kontakt als klassischer Außendienst – und häufig effektiver. 
  • Digitale Plattformen und Marktplätze ergänzen oder ersetzen klassische Vertriebswege. In China beispielsweise werden über Alibaba.com selbst Großaufträge digital abgewickelt. 

Das bedeutet: Die Aufteilung „Marketing generiert Leads, Vertrieb verkauft“ ist überholt. Stattdessen gilt: 

Marketing und Vertrieb müssen gemeinsam Verantwortung für die gesamte Journey übernehmen. 

Lösungsansätze: Neue Rollen, neue Prozesse, neue Kultur 

  1. Gemeinsames Verständnis von Zielen und KPIs 
    Beide Bereiche brauchen ein gemeinsames Set an Erfolgsfaktoren: 
    – Qualifizierte Leads 
    – Conversion-Raten über alle Touchpoints 
    – Zeit bis zum Abschluss 
    – Kosten pro gewonnenem Kunden 
  2. Revenue-Teams statt Funktionssilos 
    Immer mehr Unternehmen etablieren sogenannte „Demand Squads“ oder „Revenue Teams“: interdisziplinäre Einheiten aus Vertrieb, Marketing und Customer Success, die gemeinsam Accounts entwickeln. 
  3. Veränderung der Aufgabenverteilung 
    – Marketing verantwortet nicht nur Awareness, sondern Content für den Dialog 
    – Vertrieb wird zum Berater, Moderator und Entscheider – mit Tools statt PowerPoint 
    – KI übernimmt Routineprozesse, z. B. Angebotsvorschläge, Gesprächsvorbereitung, Follow-ups 
  4. Hybrid First: Kombination aus digitaler Skalierung und persönlichem Kontakt 
    Persönliche Treffen werden gezielt eingesetzt – dort, wo es um Vertrauen, Abschlüsse oder komplexe Verhandlungen geht. Die Breite des Marktes wird digital bearbeitet, die Tiefe hybrid gepflegt. 

Ausblick: Was in den nächsten drei Jahren entscheidend wird 

Die kommenden drei Jahre werden darüber entscheiden, ob Unternehmen Anschluss an die neue Vertriebsrealität finden oder im Mittelfeld verschwinden: 

  • Vertriebsorganisationen werden sich neu strukturieren – mit stärkerer Integration von Daten, Marketing und Technik. 
  • Technologieeinsatz entscheidet über Geschwindigkeit und Qualität: Wer heute KI als Add-on sieht, wird morgen hinterherlaufen. 
  • Kommunikation wird Vertriebsfaktor Nummer 1 – nicht in Form von Hochglanzbroschüren, sondern durch relevante, dynamische und auf Zielgruppen abgestimmte Inhalte. 

Fazit: Der neue Vertrieb beginnt nicht im Außendienst – sondern in der Zusammenarbeit

Der Wandel ist nicht die Zukunft. Er ist die Gegenwart. Wer heute beginnt, Marketing und Vertrieb als ein integriertes System zu verstehen, schafft morgen Kundennähe, Relevanz und Wachstum. Und genau das braucht es in einer Zeit, in der nicht mehr nur Produkte konkurrieren – sondern Geschichten, Touchpoints und Antworten. 

Kai

Autor

Kai Sievers

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